Respekt - alle Achtung

Jürgen Pagel

Ein selbstkritischer Beitrag

Zurückblickend auf viele Jahre als Hobbyfotograf und nun seit einigen Jahren als professioneller Fotograf - also als ein solcher, der sein Geld mit der Fotografie verdient, bekommt die Fotografie in meinen Augen immer mehr Respekt.

Als Hobbyist macht man sich nicht so den "Kopf". Wird das Bild/ die Bilder gut, freut man sich. Ich möchte keinem Hobbyisten die Ernsthaftigkeit absprechen - keineswegs. Ich will die Bedeutung eines Hobby's für denjenigen, der es ausübt auch nicht klein reden. Aber es schon noch einmal eine ganz andere Hausnummer, wenn man es professionell macht, also tatsächlich Geld für seine Leistung bekommt. Und noch einmal etwas anderes, wenn man Auftragsfotografie betreibt, also etwas abliefern muss, dass genau so aussieht, wie es der Kunde will.

Respekt. Mein Respekt vor der Fotografie wird jeden Tag tatsächlich größer. Meine Achtung jedem professionellen Kollegen, selbstverständlich auch jeder Kollegin (Du weißt, das ich nicht gerne gendere) gegenüber steigt tatsächlich mit jedem eigenen Shooting. Ich erfahre, wie komplex die Fotografie ist. Ich denke, bereits jede Lichtsituation beherrschen zu können und doch merke ich, das dies keineswegs der Fall ist. Da ist plötzlich eine Lichtsituation, die kannte ich noch nicht und das vorhandene Equipment reicht nicht aus, um sich irgendwie zu behelfen. Das Endergebnis ist in Ordnung. Aber es war viel Arbeit in der Nachbearbeitung, die ich mir in Kenntnis der Situation hätte ersparen können - hätte ich nur noch eine einzige Lichtquelle mehr dabei gehabt. 

Das Schreiben meines Buches über die Close-up-Fotografie hat mich enorm nach vorne gebracht. Recherche, ausprobieren, experimentieren - all das war ein großer Schritt. Dennoch ist er klein gegenüber der Aufgabe, als Food & Beverage Photographer für einen großen Konzern, Essen, Trinke und Blumen zu fotografieren - und zwar genauso, wie es der Konzern für sein Portfolio will. Das macht echt riesigen Spaß. Dennoch ist es eine echte Herausforderung, weil die Situation bei jedem Shooting anders ist. Beengte Platzverhältnisse vor Ort, desinteressierte Kunden, begeisterte Kunden, unhöfliche Menschen, wahnsinnig freundliche und großzügige Restaurantbesitzer - es ist wirklich alles dabei und doch jedesmal ist etwas anders. Und es bleibt nicht wirklich viel Zeit, sich darauf einzustellen.

Klar kann man das alles irgendwie mit dem Handy machen. Mit wenig Aufwand. Aber dann muss man es eben nehmen, wie es ist und hat im Nachhinein wenig bis gar keine Möglichkeit mehr, etwas Grundlegendes hinsichtlich Schärfe, Farben, Dynamik u.a. zu verändern. Und weil das so ist, kommen auch immer mehr Restaurantbesitzer auf den Gedanken, dass die Bilder, die sie selbst mit dem besagten Handy gemacht haben, bei den Kunden nicht wirklich gut ankommen. Tja, e-commerce schlägt die klassische Speisekarte.

Zwischenzeitlich sehe ich auch die Landschaftsfotografie mit gänzlich anderen Augen. Anfangs belächelt, weil es doch nun wirklich nicht so schwierig sein kann, ein Foto von einer Gegend zu machen, durfte ich selbst mehrfach erfahren, wieviel Zeit für ein einziges Landschaftsbild "draufgeht" - bis es so perfekt erscheint, wie es erscheinen muss, damit es sich "Landschaftsportrait" nennen darf. Natürlich kann man auch tolle Bilder mit dem Handy machen. Aber das, was ich mein, geht mit dem Handy einfach nicht. Mittlerweile habe ich auch immer weniger Lust, mich mit der Frage "Handy oder professionelle Kamera" zu beschäftigen. Denn eigentlich stellt sich die Frage gar nicht. Es gibt wenige Momente, da ist das Handy prima und es gibt sehr viel mehr Momente, da geht es ohne richtige Kamera nicht. Ich bin mir durchaus bewusst, das dies noch längst nicht in allen Köpfen angekommen ist - vor allem nicht in den Köpfen derer, welche die Fotografie seit Jahren am Rand des Abgrundes wähnen.

Und selbst alle Technik - die Versprechen der Hersteller kennen mittlerweile keinerlei Grenzen mehr - täuscht nicht darüber hinweg, dass es ein sehr langer Weg ist, bis man das Handwerk der Fotografie erlernt.
Ich würde das mit dem Golfsport vergleichen wollen. Golfen lernt man auch nie wirklich (aus). Jeder Tag, jeder Schläger, jeder Ball, jedes Gras, jeder Platz - es ist nie das Gleiche. Schon mal gar nicht dasselbe.

Genau das ist es - zumindest in meinen Augen - was tatsächlich großen Spaß macht. Die Auseinandersetzung mit dem täglich Neuen. Die Forderungen der Auftraggeber, der "Kampf" mit der Technik, die leeren Akku's, der trotz aller Sorgfalt immer noch sichtbare Sensorfleck, die Wahl des Objektivs (welche dann doch in die Hose ging). All das ist spannend, herausfordernd und lehrreich zugleich.

© Jürgen Pagel 2022

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