Die echten Gamechanger in der Fotografie

Jürgen Pagel

Gamechanger in der Fotografie

Eine Sigma BF ist kein Gamechanger. Wenn ein Hersteller die Einstellungsmöglichkeiten seiner Kamera deutlich reduziert und dieses als wichtige Essenz der Fotografie verkauft, wird das angesichts des Preises von 2.400 Euro zum Marketing-Gag.
Die Specs sind bescheiden und jede Einsteigerkamera für unter 1.500 Euro verfügt über die Leistung, die eine Sigma BF erbringt. Das diese aus einem Aluminiumblock gearbeitet, gefräst und geschliffen wurde, mag beeindruckend sein, aber einen Nutzen hat davon kein Fotograf. Eine Fujifilm GFX100RF begeistert mich tatsächlich  und wenig über 5.000 Euro sind für eine Mittelformat-Kamera schon fast ein Schnäppchen. Dennoch ist sie kein Gamechanger, weil sie die Motivsuche, die Bildkomposition und das Können des Fotografen zwar im positiven Sinn unterstützt, aber eben nicht ersetzen kann. Man muss sehr gut fotografieren können, um mit einer Kamera aus dieser Klasse (ohne IBIS), großartige Bilder zu erzeugen.

Was also sind relevante Gamechanger? Hier die Antworten!

#1 Licht verstehen und beherrschen!
Es gibt viele unterschiedliche Arten von Licht: Kerzenlicht, Tageslicht, Blitzlicht, grelles Sonnenlicht, Abendlicht, Kunstlicht – mit all dem muss ein Fotograf zurechtkommen und abliefern.

#2 Ausrüstung nur nach Bedarf bzw. nur bei Notwendigkeit kaufen!
Ich bin mir sicher, dass alle Fotografen durch die „Hölle“ des G.A.S. mussten. Ein Kamerasystem folgt dem nächsten, ein Objektiv jagt das andere. 15 Kamerariemen, einer besser als der andere und drei Blitzgeräte für eine Kamera. Tu das nicht! Es ist ein echter Gamechanger, mit dem einen vertrauten System, großartige Bilder machen zu dürfen. Die Sensorgröße ist unbedeutend. Du wirst keinen Unterschied feststellen, ob du mit Vollformat oder APS-C fotografierst, wenn du nicht vorher weißt, welcher Sensor zum Einsatz kam. Du wirst keinen Unterschied feststellen, ob die Bilder mit einem 16 MP- oder einem 40MP-Sensor gemacht wurden. Das ist ein Thema, dass maximal Fotografen interessiert. Dem Betrachter ist das vollkommen egal. Er bewertet ein Bild nicht nach der Sensorgröße, sondern nach der Bildwirkung, nach den Emotionen, die eine Aufnahme in ihm auslöst. Ein Bild mit einem 100MP-Mittelformatsensor, das gecropt wurde, ist nicht besser als ein 40MP-Bild ohne Crop.
Du hast keinen Auftrag? Dann brauchst du auch keine neue Kamera. Du musst nur bei Tageslicht fotografieren? Dann brauchst du keine aufwändige Lichtausstattung und wenn du sie brauchst, kannst du sie kaufen, bestellen und sie ist binnen 24 Stunden bei dir. Du brauchst für einen Auftrag tatsächlich eine höhere Auflösung, warum auch immer, dann kannst du dir eine Vollformatkamera mit 60MP für einen Bruchteil der Neuanschaffung ausleihen.

#3 Grundlagen der Fotografie beherrschen!
Du kannst das schon? Täusche dich nicht. Fotografie ist ein kontinuierlicher Prozess, denn kein Tag ist wie der andere. Jedes Model agiert anders – bei sich ständig abwechselnden Lichtbedingungen. Es gilt stets zu lernen und am Ball zu bleiben. Kein Fotograf ist nach 10 Jahren fertig. Die Technik ändert sich, deine Kunden ändern sich, die Aufträge variieren und selbst als Hobbyist fotografierst du heute Architektur und in fünf Jahren Produkte bzw. lieber Landschaften. Alles ist im Fluss.

#4 Bildbearbeitung verändert (fast) alles!
Es gibt sie noch, die Fotografen, die OOC oder SOOC fotografieren und die Bearbeitung einem chinesischen, einem japanischen oder einem indischen Entwickler überlassen. Aber wenn du deine Bildwirkung, deinen Workflow, deine Bildqualität und deine eigene „Handschrift“ im wahrsten Sinn des Wortes selbst in die Hand nehmen willst, musst du dich mit der Bildbearbeitung auseinandersetzen. Dazu gehört selbstverständlich auch die Arbeit mit der KI.

Diese vier Punkte sind echte Gamechanger, nicht der nächste Kamerabody, der von Herstellern gem. ihrer Aufgabe, möglichst hohe Umsätze zu erzielen, angepriesen wurde. Nicht das neue Objektiv mit Lichtstärke F/1.0, bei der die Wimper scharf ist, aber das Auge schon nicht mehr und der Rest im Bokeh verschwindet. Ich war bzw. bin immer noch ein großer Freund von einem schönen Bokeh, muss aber immer mehr einsehen und erfahren, dass dies nicht nur Vorteile hat und oftmals ein wenig mehr Kontext dem Bild durchaus gutgetan hätte.

Fazit
Der Mix macht’s. Ein schönes Bokeh mit einem bisschen Kontext. Eine gute 26MP-Kamera mit einem verlässlichen Autofokus ist besser als eine 100MP-Mittelformatkamera, bei der die Dateigröße gerne mal 100-150MP und mehr erreichen kann, was ältere Rechnersysteme schnell an die Grenzen bringt. Zwei Programme gleichzeitig geöffnet und mehrere Bilder in Lightroom geladen, machen den Rechner mit (eigentlich) gut ausgestatteten 16GB RAM schon elend langsam. Die Festplatte ist schneller voll, externe Datensicherung wird zu einem zeit- und speicherintensiven Erlebnis und 1TB ist schneller weg, als du schauen kannst. Ob das die wenigen Vorteile der höheren Auflösung aufwiegt, darf zurecht bezweifelt werden. Available Light ist wunderbar, trotzdem kannst du mit einem Blitz deine Umgebung wesentlich besser beherrschen. Letztendlich ist dann alles eine Frage des Geldes. Aber viel Geld macht keineswegs viele gute Bilder.
Ich habe beispielsweise nahezu alle Kameramarken „durch“. Angefangen von Canon, über Olympus, Sony und Fujifilm. Hängengeblieben bin ich bei Fujifilm, weil ich diesen Hersteller immer im Portfolio hatte, während alles andere irgendwann gehen musste. Ich mag die Art der Bedienung, ich mag die Farben, ich mag den Workflow. Ich habe drei verschiedene Blitzleistungen, eine Handvoll LED-Scheinwerfer, mobile Hintergründe und vermisse nichts.

Hast du dich im Laufe der Zeit auch von Ausrüstung getrennt? Welche Erfahrungen hast du damit gemacht? Kommentiere sie gerne.

©2025 Jürgen Pagel

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