Fotografie braucht Aufmerksamkeit

Jürgen Pagel

Fotografie braucht Aufmerksamkeit - herzlich willkommen im Jahr 2022

Fotografie braucht die Aufmerksamkeit, die sie verdient. 
Inspiriert durch den von mir sehr geschätzten Peter Roskothen, Fotograf und Fotojournalist, möchte ich mich in diesem Blogbeitrag näher mit der Aufmerksamkeit in der Fotografie befassen.

Von professionellen Fotografen stammt der Satz: "Fotografiere nicht für Instagram". Und tatsächlich ist Instagram das Gegenteil von einer guten Fotogalerie. Gleiches gilt übrigens auch für Facebook. Zu oberflächlich sind wir geworden. Wir klicken die Bilder einfach durch, ohne auf Details zu achten. Zu gering sind die Likes und letztendlich bestimmt der Algorithmus, welche Bilder wir zu sehen bekommen. Wir haben das schon lange nicht mehr in der Hand. Zu viel ist auf maximale Bildwirkung getrimmt, zu viel auf Kurzlebigkeit und den Sekundenmoment. 

Hufschmied Uli Gurk bei der Arbeit © 2021

Aufmerksamkeit? Fehlanzeige. Das liegt zum Einen in der Natur der Präsentation in den sozialen Medien, zum Anderen zweifelsfrei auch an pandemischen Situation, dem Online-"Hunger", der Art und Weise unseres Konsums.

All das hat etwas mit Achtsamkeit zu tun. Achtsamkeit für die Arbeit anderer, Achtsamkeit für uns selbst, Respekt vor der Leistung (und damit meine ich nicht Sozialbetrug und Betrug bei der Abrechnung von AntiGen-Test's). Menschen können mit der Flut an Reizen nicht mehr umgehen. Umso wichtiger ist es, dem durch das eigene Vorbild Einhalt zu gebieten.



Wer Knipsbilder möchte, soll sie selber machen. Wer meint, dass Handy- und professionelle Fotografie ein und dasselbe sind, soll einen Freund oder eine Freundin bitten, ein paar schnelle Fotos mit dem Handy zu machen. Ohne Aufmerksamkeit, mal schnell nebenbei. Peter Roskothen schreibt dazu vollkommen richtig: "600 Hochzeitsfotos aus 12 Stunden Begleitung für 350 Euro garantieren, dass diese Fotos nicht den Platz im Herzen des Brautpaares finden". Ergänzung für die Unerfahrenen: einen Stundensatz von 95 Euro inkl. USt. zu Grunde gelegt, zzgl. der Nachbearbeitszeit, Versand und Materialaufwand, MUSS mindestens zwischen 1.600 und 2.000 Euro kosten, damit derjenige, der einen ganzen Tag und eine Nacht plus noch einmal mindestens einen Tag an der Auswahl ung Bearbeitung sitzt und steht, kalkulatorisch einigermaßen sauber aus der Sache rauskommt. Alles andere ist betriebswirtschaftliches Harakiri. Für die Mehrzahl der fotografischen Dienstleister ist das allerdings Utopie und sie haben es bis heute nicht verstanden.

AMG Mercedes-Benz bei Burger und Scholz GmbH & Co. KG, Schorndorf © 2021

Dagegen wird einem Gerät - dem Smartphone - für zwischenzeitlich mehr als tausend Euro mehr Aufmerksamkeit gewidmet, als unserem Lebenspartner. Ja, findet die Kommunikation mit dem Lebenspartner sogar innerhalb der heimischen Räumen mittels WhatsApp oder anderen Messenger-Diensten statt. Mit einem Gerät, das jeden unserer Schritte aufzeichnet, uns keine Sekunde "aus den Augen" verliert und seine Informationen mit wem auch immer teilt. Auch darüber haben wir mittlerweile weitestgehend die Kontrolle verloren.


Ein Like in Instagram oder Facebook ist nichts, aber auch gar nichts wert. Das ist eine Sekunde Aufmerksamkeit - aber nicht für unser Bild, sondern für das Setzen eines Emoticons, das noch nicht einmal den tatsächlichen Gefühlszustand annähernd widerspiegelt. Wie viel mehr Wert ist dagegen ein Spaziergang mit der Kamera, das Festhalten einmaliger Momente? Ein Leben ohne Facebook und ohne Instagram? Meta wird es nicht gerne hören und sie tun alles dafür, damit es nicht eintritt. Aber so ein Leben ist durchaus möglich und um einiges besser, als das zuvor beschriebene schlichte Dasein.


Niemand will und muss zurück in die Steinzeit, aber die Hoffnung, die manche während der Pandemie hatten, dass Einsicht und Sorgfalt, Achtsamkeit in die Köpfe der Menschen zurückkehrt, scheint wohl nicht aufzugehen. Leider wächst gerade eine Generation heran, für die all die schönen Dinge unseres (meist zu kurzen) Lebens, nur noch wenig Bedeutung haben. Sie werden es erst merken, wenn sie dem Ende der zweiten Lebenshälfte näher kommen und sich hinterfragen, was sie da eigentlich fünfzig, sechzig Jahre gemacht haben und für wen.


© Jürgen Pagel 2022 LICHTWERK.DESIGN

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