Die häufigsten Ursachen für verwackelte und unscharfe Bilder - die Lösung

Jürgen Pagel

Die häufigsten Ursachen für verwackelte oder unscharfe Bilder - und die Lösungen gleich dazu.

Ich bin mir sicher, dass jeder Fotograf diese Situation kennt: Du warst auf Fototour, kommst nach Hause, lädst die Bilder von der Speicherkarte in Dein Bildbearbeitungsprogramme und zack, jedes zweite Bild ist verwackelt. Das ist ärgerlich. Probleme mit der Belichtung lassen sich meist im Programm beheben. Du kannst Scharfes noch schärfer machen. Aber Unscharfes schärfen geht nunmal nicht.

Ursachen
Als Ursachen kommen meist drei Faktoren in Frage - bisweilen sind auch alle drei gleichzeitig beteiligt.
1. Die Verschlusszeit ist für das freihändige Fotografieren zu lang gewählt.
Zumeist verlässt man sich allzu gerne auf die Angaben der Hersteller, bis zu welcher Blende Verwackelungen und die daraus resultierenden Unschärfen durch den IBIS der Kamera oder das OBIS des Objektivs kompensiert werden können. 
2. Deine Hände zittern (leicht) und die Bewegungen sind Atemabhängig.
Das tun sie übrigens bei jedem Menschen - mehr oder weniger ausgeprägt. So ein Tremor muss nicht pathologisch, also krankhaft sein, sondern liegt an dem sogenannten Muskelzittern, welcher durch das ständige "feuern" der Nerven verursacht wird. So etwas kann von dem IBIS oder dem OBIS u.U. kompensiert werden. Ist die Frequenz des Zitterns allerdings zu hoch, gelingt das technisch nur noch unzureichend. Oftmals kommt es auch beim Atmen zu einem verstärktem Heben und Senken des Brustkorbes. Da die Arme über die Schulterblätter mit dem Thorax verbunden sind, bewegen diese sich natürlich mit.
3. Es kommt zu verschlussbedingten Verwackelungen Deiner Kamera.
Dieses Phänomen kennt man besonders bei (alten) Spiegelreflexkameras, da das Hochklappen des Spiegels eine Erschütterung auslöst. Diese Bewegung wird zwar gedämpft, aber vor allem bei langen Brennweiten und weit geschlossener Blende, was zumeist lange Verschlusszeiten bedingt, kommt dieser sogenannte Spiegelschlag zum Tragen. Aber auch spiegellose Kameras verfügen über einen mechanischen Verschluss, der solche Erschütterungen auslösen kann.

Wissen
Um diesen Problemen zu begegnen, bedarf es etwas Fachwissen.
Je höher die Brennweite, desto größer ist die Gefahr von Verwackelungen und von Unschärfen. Adaptiere eine lange Brennweite - beispielsweise 200 mm. Wenn Du jetzt durch den Sucher schaust, wirst Du ein sehr viel stärkeres Wackeln feststellen, als bei 35 mm Brennweite.
Wie lange Du freihändig belichten kannst, hängt vom Objektiv und der Kamera ab. Manche Kameras erlauben bis zu acht Stops, was enorm viel ist. Wieviel das dann tatsächlich in der Realität ist, wirst Du ausprobieren müssen. Prinzipiell jedoch kannst Du mit dem Kehrwert der Brennweite arbeiten. Beispielsweise solltest Du bei einem 50 mm-Objektiv den Kehrwert, also 1/50 sek. Belichtungszeit als minimalste Zeit wählen. Kürzere Belichtungszeiten gehen natürlich immer. Aber länger als 1/50 sollte die Belichtungszeit nicht sein. So hast Du etwas Reserve, die der IBIS oder der OBIS ausgleichen können. Ich kann bei meiner NIKON Z6II mit einem 50 mm-Objektiv noch 1/5 mit der freien Hand halten.

Bedenke jedoch, dass es einen Unterschied zwischen "Verwackelung" und "Bewegungsunschärfe" gibt. Bei einer Bewegungsunschärfe ist das sich bewegende Motiv unscharf (in aller Regel beabsichtigt, um eine gewisse Dynamik zu erzielen), alles andere jedoch scharf . Bei der Verwackelung ist das gesamte Bild unscharf bzw. zeigt "Doppelbilder", weil das Verwackeln aus der Bewegung heraus entsteht. Unschärfe kann durchaus gewollt sein. Aber dann muss man die Absicht dahinter auch erkennen können.

Stütze bei längeren Freihandaufnahmen Deine Ellenbogen auf Deinem Bauch oder mit engangelgten Ellenbogen am Rumpf ab. Oder lege die Kamera auf ein Geländer bzw. eine Mauer. Sorge so für eine stabile Basis der Kamera. Hierbei haben "schwere" Kameras durchaus Vorteile gegenüber Leichtbauweisen, weil sie einfach "satter" in der Hand liegen. Ebenfalls wichtig ist die Ergonomie der Kamera. Passt der Griff nicht zu Deiner Handgröße, kommt es schneller zum Verwackeln.

Verschlussbedingten Verwackelungen und Unschärfen kannst Du bei Systemkameras durch die Wahl des elektronischen Verschlusses begegnen. Gegen den Spiegelschlag kannst Du nichts ausrichten. Der ist mehr oder weniger ausgeprägt. Solltest sich das Problem manuell nicht beheben lassen, musst Du u.U. den Spiegeldämpfer ersetzen lassen.

Für längere Verschlusszeiten ist ein Stativ notwendig. Am Besten verwendest Du auch gleich einen Fernauslöser oder die Auslöseautomatik. Dabei reicht es schon, 2 Sekunden vorzuwählen. So bekommst Du das Verwackeln durch das Drücken des Auslösers auch gleich eliminiert

Das war's schon. Mehr ist es nicht! Ich kann Dir nicht versprechen, dass Du fortan scharfe und verwackelungsfreie Bilder machen wirst, aber der Weg dorthin ist geebnet.

© Jürgen Pagel 2022

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