Und wieder grüßt das Murmeltier ...

Jürgen Pagel

"Nutze den manuellen Modus Deiner Kamera".

Immer und immer wieder liest man "Nutze den manuellen Modus deiner Kamera". Ja. Das KANN richtig sein, muss es aber nicht. Wenn Du wüsstest, wieviele Profifotografen (also diejenigen, die damit ihr Geld verdienen) NICHT den manuellen Modus nutzen.

Zunächst einmal gilt es, ein Foto zu machen. Davon ausgehend, dass jeder Fotograf - ob Hobby-, Gelegenheits- oder Profifotograf - das Ziel verfolgt ein möglichst gutes Foto zu erzielen, entscheidend alleine das Auge des Betrachters darüber, ob ihm (dem Kunden, der Freundin, dem Freund, dem Kollegen oder wem auch immer) das Foto gefällt. Unabhängig davon, wer es gemacht hat.

Der Gelegenheitsfotograf fotografiert für sich oder den Freundeskreis. Der Profifotograf für Kunden. Der eine macht das unentgeltlich, einfach weil es ihm Spaß macht. Der andere, um damit seine "Brötchen" zu verdienen. Ganz ohne Emotionen, einfach auf die Fakten beschränkt. Wohlwissend, das ein gutes Foto Emotionen auslöst. Aber das ist ein anderes Thema.

Wie dieses Foto zustand kommt, welche Kamera und welches Objektiv benutzt wurde, interessiert den Betrachter zunächst nicht. Nur wenn es besonders gut oder besonders schlecht ist, kommt zumindest der Experte auf die Idee nachzuforschen, wie das der Fotograf gemacht hat oder ob man das auf Grund der Einstellungen nicht hätte besser machen können.

Manueller Modus

Mir geht es dabei nur um Folgendes.


Der manuelle Modus erlaubt die detaillierte Einstellung einer Kamera hinsichtlich ISO, Belichtungszeit und Blende.

Das setzt zwingend die Kenntnis um die Wirkung aller drei Größen und deren Zusammenspiel voraus. Große Blende = viel Licht auf den Sensor = geringe ISO = kurze Verschlusszeit = geringe Tiefenschärfe. Umgekehrt bedeutet eine kleine Blende = wenig Licht auf den Sensor = hohe ISO = lange Verschlusszeit = hohe Tiefenschärfe.

Wenig Umgebungslicht bei gleichzeitig schnellen Bewegungen bedeutet, dass ich zusätzliches Licht schaffen muss, um langen Verschlusszeiten entgegenzuwirken und trotzdem eine große Tiefenschärfe zu erreichen. Die Belichtungszeit ist mir wiederum vollkommen egal, wenn ich statische Motive (also solche, die nicht weglaufen können - einen Baum bei Windstille, Berge, Wiesen o.a.) fotografiere. Dann kann ich auch eine niedrige ISO wählen.

Über die ISO hatte ich ja schon einmal etwas geschrieben. Im Grunde ist das der Schlüssel. Hohe ISO = hohes Rauschen. Und genau das stimmt eben nicht. Moderne Kameras haben größtenteils ein exzellentes Rauschverhalten. Bis ISO 3.200 passiert nicht wirklich viel. Und manche sind noch bei ISO 6.400 im grünen Bereich. Und selbst bei einem mit ISO 6.400 aufgenommenem Fotolässt sich das in der Postproduction korrigieren. Ok, das geht auf Kosten der Schärfe, aber feinfühlig an den Reglern zu spielen, sollte man beherrschen (können).


Warum sich also Sorgen machen über etwas, dass im Grunde kein wirkliches Problem darstellt? Das Rauschen fällt UNS als Fotografen auf. Dem Betrachter eher selten bis gar nicht. Wir betreiben Pixel-Peeping vom Feinsten und vergrößern in der Bildbearbeitung auf 200, 300 und gar auf 400%. Das machen der "einfache" Betrachter und der Kunde definitiv nicht - außer Du arbeitest für eine Fotoagentur.


Im Grunde ist es doch so: "Besser ein Bild mit ein wenig Rauschen, als gar keines". Bei "gar keinem" kannst Du natürlich nichts falsch machen - getreu dem Motto "wer viel arbeitet, macht viele Fehler, wer nichts arbeitet macht auch keine Fehler". Aber so wird das nix.


Der manuelle Modus kostet Zeit, wenn's schnell gehen soll. Bei der Streetphotography undenkbar - in der Landschaftsfotografie kein Problem. Mit den heutigen Möglichkeiten der Postproduction - vorausgesetzt Du fotografierst im RAW-Format - ist es kein Problem, beispielsweise den Weißabgleich oder die Belichtung nachträglich zu verändern (in gewissen Grenzen).
Das, was Du definitiv nicht mehr verändern kannst, ist Dein Fokus. Wenn Du also mit den Einstellungen an mindestens drei Wahlrädern an Deiner Kamera beschäftigt bist. ist es ein Leichtes, den Fokus aus dem Auge zu verlieren. Das ist dumm, denn wenn es etwas gibt, das Du in der Postproduction nicht mehr verändern kannst, dann ist es der Fokus. Ein insgesamt unscharfes Bild ist im Zweifel immer noch besser, als gar keines - ok, "verkaufen" kannst Du das nicht, aber Du hast wenigstens eine schöne Erinnerung. Aber wenn der Fokus an der falschen Stelle sitzt, hast Du es richtig verk.....


P-Modus (Programm-Modus)

Den lassen wir weg. Für den Einsteiger ok, aber nach den ersten hundert Bildern ist der tabu. Die Kamera macht ALLES selbst. Wirklich alles. Da macht selbst ein richtig gute Kamera bisweilen Fehler.


M-Modus (manueller Modus)

Die Kamera macht nichts. Noch nicht einmal der Autofokus funktioniert, denn den kannst Du mit dem manuellen Fokus konsequenterweise auch noch "übertrumpfen".
Immer top, wenn alles zu 100% sitzen muss, Du kein Vertrauen in die Technik hast und gerne die Kontrolle über wirklich alles behalten willst.


A-Modus
Der ist richtig interessant. DU wählst die Blendenöffnung - definierst also die Schärfentiefe und die Lichtmenge, die auf den Sensor trifft. Den Rest macht die Kamera. Selbst die ISO kannst Du noch einstellen und beim Fokus hast Du immer noch die Wahl zwischen Autofokus und manuellem Fokus. Und je nach Kameratyp - bei der Fujifilm geht das - wählst Du die ISO von Hand oder über eine vordefinierte Custom-Einstellung. Das ist sozusagen ein halbautomatischer Modus mit vielen Eingriffsmöglichkeiten. Der A-Modus ist übrigens der, den auch sehr viele Profifotografen verwenden und der hervorragende Bildergebnisse liefert.


S-Modus

Im Grunde funktioniert der, wie der A-Modus, nur dass Du statt der Blende die Belichtungszeit vorgibst - also bestens geeignet, wenn es darum geht, bewegte Motive zu fotografieren. So bestimmst Du, ob Bewegungen verwischt oder eingefroren werden.


Fazit
Wenn mit dem "manuellen Modus" die Modi gemeint sind, die noch eine gute Kontrolle über die Kamera ermöglichen und die Dich nicht mehr als nötig veranlassen, auf die automatischen Fähigkeiten Deiner Kamera zu vertrauen, dann ist der manuelle Modus perfekt.
Wenn damit jedoch gemeint ist, alle guten Eigenschaften einer modernen Kamera zu ignorieren und ausschließlich in die Hände eines Fotografen zu legen, dann ist das m.E. der falsche Ansatz und das Geld in eine DSLM für mehr als 2.000 Euro schlecht investiert. Dann tut es auch eine "alte", gebrauchte DSLR. So wie es ausschaut (nachdem auch Canon angekündigt hat, keine Spiegelreflex-Kameras mehr bauen zu wollen), werden die in naher Zukunft deutlich billiger werden.


© Jürgen Pagel LICHTWERK.DESIGN

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